Interview mit Thomas Hartmann | CEO

Etwas über ein Jahr nach der Gründung der bee365 ag, wird die SmartIT erneut Mama. Am 1. Juli 2021 hat sie zusammen mit vier weiteren Beteiligten die beeDynamics ag gegründet. Vom frisch gebackenen aber schon gut gewappneten Geschäftsführer, Thomas Hartmann, wollte ich wissen, was beeDynamics ist und inwiefern unsere Kunden davon profitieren.

Thomas, seit ungefähr zwei Monaten bist Du Geschäftsführer der beeDynamics ag. Was ist das und wie ist das Unternehmen entstanden?

Seit ein paar Jahren bemerkt die SmartIT, dass seitens der Kunden ein immer grösser werdendes Bedürfnis nach integrierten Lösungen aus dem Microsoft-Ökosystem besteht. Dieser Trend wird zusätzlich durch eine erhöhte Nachfrage nach Cloud-Produkten verstärkt. Wir haben uns also zusammen mit unseren Mutterunternehmen überlegt, wie wir dieses neue Bedürfnis abdecken können.

Ich habe also eine erste Version eines Businessplans erstellt, den wir von anderen Interessenten, welche heute auch Teilhaber der beeDynamics ag sind, haben challengen lassen. Bald war klar, dass wir mit unserer Vorstellung, wie ERP Projekte in der Zukunft erfolgen sollen, einen bisher unbefriedigten Markt bedienen. Es entstand eine Dynamik und wir waren innerhalb weniger Wochen der einheitlichen Meinung, dass wir mit unserer unterdessen ziemlich konkreten Idee starten wollen.

Kannst Du den einzigartigen Ansatz beschreiben, mit dem die beeDynamics ag ERP Projekte umsetzen will?

Ein klassisches ERP Projekt sieht folgendermassen aus: Beim Kunden wird ein on Premise Produkt implementiert. Die ERP, meistens eine spezifische Branchenlösung, wird passgenau auf den Kunden zugeschnitten. Die Branchenlösung und die hohe Individualisierung schränkt ihn gleichzeitig in seiner Anbieterwahl massiv ein. Zudem sind alle 5 bis 7 Jahre Erneuerungsprojekte im Rahmen von 150'000 bis 300'000 CHF notwendig, um wieder mit einer aktuellen Version arbeiten zu können.
Wir bei der beeDynamics ag machen ausschliesslich Cloud Projekte mit Microsoft Dynamics 365 Business Central. Die grossen Vorteile davon sind:

  1. Es gibt nur noch ein einziges, letztes ERP Projekt zur Migration in die Cloud. Anschliessend arbeitet der Kunde in der Cloud und damit jederzeit auf der aktuellsten Version.
  2. Um die Kunden optimal in die Cloud zu begleiten, kehren wir den bisherigen Prozess um: Standard first – Extension second – Customizing third. Das bedeutet, dass wir im ersten Schritt versuchen, den Kunden hinsichtlich seiner Prozesse so zu beraten, dass wir diese möglichst mit der Standardversion des Systems abdecken können. Ist das nicht möglich oder der Kunde hat erweiterte Bedürfnisse, schauen wir auf dem Markt nach bestehenden Erweiterungen. Erst, wenn das Kundenbedürfnis über diese beiden Wege nicht abgedeckt werden kann, gehen wir in ein Customizing über. Damit dies gelingt, verfolgen wir den «best-of-breed»-Ansatz.
  3. «best-of-breed» bezeichnet eine Philosophie, für jeden Anwendungsbereich von Enterprise Software die bestmögliche Lösung zu finden und zu integrieren. Das heisst, dass wir zufriedenstellende Tools von Drittanbietern im Unternehmen nicht auf Biegen und Brechen ins ERP integrieren wollen. Im Gegenteil, wir empfehlen sogar, diese intensiver zu nutzen. Im ERP benötigen wir daraus lediglich die Daten zur weiteren Verarbeitung – beispielsweise zu einer Rechnung. Das gelingt uns über offene API-Schnittstellen. Diese sind bei Microsoft Dynamics 365 Business Central Standard. Bietet also das andere Tool ebenfalls eine offene API-Schnittstelle an, dann verbinden wir die beiden Systeme.

Nenne ein Beispiel eines solchen Tools eines Drittanbieters, das Du in der Regel im Unternehmen bestehen lässt.

Ein klassisches Beispiel sind IT-Anbieter mit ihren IT Service Management Tools (ITSM), in denen IT Prozesse abgedeckt werden. Diese sind hochspezialisiert für den Prozess der Leistungserbringung. Der Anspruch des IT-Unternehmen ist es, die Leistungen in eine Rechnung zu überführen. Dazu ist das ITSM Tool sicherlich die falsche Anwendung. Dennoch ist es das richtige Tool, um die Leistungen zu dokumentieren.

Thomas, Du hast vorhin von bestehenden Erweiterungen gesprochen. Was meinst Du damit?

Es gibt einen App Store mit hunderten von Erweiterungen, die mit Microsoft Dynamics 365 Business Central kompatibel sind. Viele der dort zur Verfügung gestellten Erweiterungen sind auch für die Schweiz erhältlich und teilweise sogar gratis oder zumindest im freemium Ansatz erhältlich. Einige sind aber auch kostenpflichtig, oder ab einer gewissen Einsatzdauer oder Grösse kostenpflichtig.
Mit den gängigsten Erweiterungen, die es im Schweizer Markt aus unserer Sicht einfach braucht, pflegen wir aktive Partnerschaften. So beispielsweise mit SwissSalary für Lohnbuchhaltung und Zeitwesen, Norriq Invoice Workflows für Genehmigungsprozesse von Kreditorenrechnungen und revisionssicherer Archivierung oder ForNAV als Erweiterung für Druckwesen und Reportgestaltungen in Business Central.

Vorhin hast Du auch Customizing erwähnt. Wie wird das bei der beeDynamics ag umgesetzt?

Kein Kundenprojekt kommt ganz ohne Customizing durch. Deshalb haben wir ein Netzwerk an Entwickler, in das wir die von uns spezifizierten Kundenbedürfnisse eingeben. Die retournierten Entwicklungen werden von uns ausgiebig getestet und nach erfolgreichem Test beim Kunden ausgerollt.

Wie sieht das Angebotsportfolio der beeDynamics ag aus?

Das Leistungsportfolio der beeDynamics ist breit:

  • Prozessanalysen und Prozessberatungen: Wir denken, leben und fühlen Prozesse. Prozesse sind in unserer DNA und wir können den Kunden dabei unterstützen Prozesse einfacher und effizienter zu gestalten. Oft ist das auch Mittel zum Zweck innerhalb eines ERP Projekts.
  • Einführungsprojekte für Microsoft Dynamics 365 Business Central: Wir übernehmen die Parametrierung und den Grundaufbau und unterstützen beim Import bisheriger Daten und Prozesse ins neue System. Oftmals helfen wir dem Kunden gleichzeitig noch, Verbesserungen während dem Projekt einfliessen zu lassen wie zum Beispiel eine Kostenrechnung für eine bessere Transparenz. Falls gewünscht, können wir das Informationsbedürfnis auch mit PowerBI Reports weiter unterstützen.
  • Grundlagentrainings oder Schulungen: Wir zeigen den Nutzungsumfang von Business Central auf und zeigen, wie Microsoft Dynamics 365 Business Central optimal genutzt werden kann. Dies sowohl innerhalb eines Einführungsprojektes als auch eigenständig. Dieses Angebot kann mit Office-Schulungen (Excel, Outlook und Word) erweitert werden. Mit unserem selbst entwickelten Modell «20 – 40» beispielsweise verhelfen wir den Teilnehmern mit 20 Formeln und 40 Tastenkombinationen zu 50 Prozent Zeitersparnis im Tagesgeschäft.
  • Partner für Erweiterungen: Aktuell mit den zuvor erwähnten Erweiterungen. Der Markt wächst und verändert sich und wir planen weitere Partnerschaften aufzubauen. Natürlich unter dem Vorbehalt, dass diese Produkte von einem Kunden auch wirklich genutzt werden. Es gibt sehr viele spannende Erweiterungen mit grossem Nutzen.
  • Microsoft Dynamics 365 Business Central as a Service: Zum monatlichen Fixpreis pro Monat und User kann Microsoft Dynamics 365 Business Central in der höchsten Ausprägung sogar inklusive User-Support und PowerBI abonniert werden. Das ermöglicht dem Kunden planbare Kosten im Bereich ERP.

Welchen Mehrwert bietest Du Deinen aber auch den Kunden der Mutterunternehmen?

Wie eingangs erwähnt besteht aus unserer Sicht ein grosses Bedürfnis am Markt. Es gibt ein ganzes Bouquet an Mehrwerten. Einer davon ist, dass der Kunde von SmartIT mehr Leistungen aus einer Hand beziehen kann. Das Portfolio wird um sehr wichtige und grundlegende Kompetenzen wie beispielsweise betriebswirtschaftliche Kenntnisse, Prozess-Know-How und ERP erweitert. Die neuartige Herangehensweise im Bereich ERP wirkt sich des Weiteren positiv auf die Gesamtkosten aus – TCO können durch weniger Customizing reduziert werden. Der Kunde arbeitet in einer Cloud-ERP zu fixen, monatlichen Kosten, die jederzeit aktuell ist. Das ist ein riesiger Mehrwert. Das ist im Moment so auf dem Markt einzigartig. Sowohl das Produkt aber auch der erwähnte App Store und die Möglichkeit dieses Paket inklusive Support von der beeDynamics ag zum Fixpreis beziehen zu können. Zuletzt sage ich immer: «Der Kunde macht nur noch ein letztes ERP-Projekt. Danach ist er für immer aktuell!».

Wo siehst Du Schnittstellen zur anderen SmartIT Tochter, der bee365 ag?

Die bee365 ag ergänzt uns, wie das auch die SmartIT als Unternehmen tut. SmartIT unterstützt in den Bereichen smarte Workplaces und Infrastruktur, bee365 dagegen im Bereich smart Collaboration. Also hauptsächlich, wenn es darum geht, verschiedene Lösungen via Schnittstelle miteinander zu verbinden. Sie haben mit «beeIO» ein eigenständiges Produkt geschaffen, das uns ermöglicht, zwei API fähige Applikationen miteinander zu verbinden. Weiter unterstützen sie bei der Automatisierung von Prozessen mit PowerAutomate.

Wo kommst Du als Person her? Wo willst Du hin? Was sind Deine Visionen? Was motiviert Dich?

In den nächsten vier Jahren wollen wir zum führenden Microsoft Dynamics 365 Business Central Anbieter in der Cloudversion werden. Dazu wollen wir auch wachsen und damit den gesamten deutschsprachigen Markt bearbeiten.

Ich als Person bin sehr dienstleistungsorientiert. Wenn ein Kunde mit einem Bedürfnis kommt, versuche ich dieses zu verstehen und zu befriedigen. Weiter verfolge ich klare Ziele, kann auch betriebswirtschaftlich denken und bin prozessorientiert – das sind meine Stärken, welche mein Executive MBA auch unterstreichen. Selbst habe ich 15 Jahre Erfahrung in Geschäftsleitungspositionen von mittelgrossen Unternehmen bis 300 Mitarbeitende. Ich weiss, wovon unsere Kunden sprechen, wenn sie mir ihre Herausforderungen schildern und kann sie dabei unterstützen diese richtig anzupacken. Vielfach wird durch ein ERP Projekt nicht nur das System, sondern auch Prozesse und periphere Tools mit abgelöst – in dieser digitalen Transformation kann ich beratend zur Seite stehen. Mein Ziel ist es, den Kunden auf dem Weg ins digitale Büro zu unterstützen, welches wir nicht nur in Zeiten der Pandemie dringend brauchen.

 

Das Original-Interview ist erstmals erschienen auf der Website von SmartIT. 

SmartIT-Blog von Sara Fuchser